11. August 1922

Die Eisenbahn-Hauptwerkstätte in Guben kann in diesen Tagen auf ein fünfzigjähriges Bestehen zurückblicken. Als die Märkisch-Posener Bahn gebaut wurde, drängte die Regierung auch auf den Bau einer Eisenbahnwerkstätte, bevor sie die Erlaubnis zur Eröffnung der Bahn gab. Schon im Jahre 1867 wurden die Fundamente zur „Zentralwerkstatt“ gelegt; von 1868 bis 1871 ruhte jedoch der Bau; erst nach dem siegreichen Feldzug gegen Frankreich wurde er weitergeführt. Am 20.August 1872 wurde die „Zentralwerkstatt“ in Betrieb gesetzt. Damals waren in ihr unter der Leitung des Obermaschinenmeisters Hagen rund 150 Handwerker und Arbeiter beschäftigt. Von Ende 1882 bis Juli 1885 leitete der Eisenbahndirektor Kleemann die inzwischen vom Staate übernommene und zur „Hauptwerkstatt“ erhobene Anstalt mit 185 Arbeitern. Die Zahl der Handwerker und Arbeiter vermehrte sich dann mit jedem Jahr, namentlich als unter der Leitung des Reg.- und Baurates Haak noch der Weichenbau hinzukam. Im Jahre 1891 übernahm der kgl. Eisenbahn-Bau-und Betriebsinspektor Partensky die Leitung der Hauptwerkstatt mit 360 Arbeitern. Wegen ihrer musterhaften Leistungen und Einrichtungen wurde die Hauptwerkstatt vielfach auch von anderen Eisenbahnwerkstätten in Anspruch genommen, was zur Folge hatte, dass auch die Zahl der Handwerker und Arbeiter ganz bedeutend stieg. Bei ihrem 25 jährigen Bestehen, das vom 6.-8. August 1897, verbunden mit der Weihe einer Fahne, durch Kommers, einem Festakt auf dem Hofe der Hauptwerkstatt mit anschließendem Festzug durch die Hauptstraßen der Stadt, Gesangs- und Instrumentalkonzert im Schützenhaus, sowie einem abschließenden Ball, unter Anteilnahme von Deputationen der Werkstätten in Grunewald, Berlin I, Frankfurt a O, Posen, Breslau und Eberswalde gefeiert wurde, waren in der Werkstatt bereits über 500 Man beschäftigt. Leiter derselben war damals der Kgl. Bau- und Betriebsinspektor Emil Fränkel, dem ums Jahr 1900 der Kgl. Bau- und Betriebsinspektor Siegfried Fränkel folgte. Bis zum Ausbruch des Weltkrieges nahm die Hauptwerkstatt unter der Leitung der Reg.- und Bauräte Vogel (1904-13) und Dr. Schwarze (1913-1918) eine immer mehr aufsteigende Entwicklung. Während des Weltkrieges wurden an die Hauptwerkstätte, ihre Leitung und ihr Personal höchste Anforderungen gestellt. Die Zahl der Beamten und Arbeiter hob sich auf über 1200. Es trat eine wesentliche Vergrößerung der Werkstätten für Lokomotiven und Wagen-Ausbesserungenein; es wurde benachbartes Terrain erworben und das Werkstattgelände bedeutend vergrößert. Im Jahre 1918 übernahm Reg.- und Baurat Hammelsberg die Leitung der Hauptwerkstatt, deren Personal jetzt wieder den normalen Stand von etwa 800 Beamten und Arbeitern erreicht hat. Die Eisenbahnhauptwerkstätte ist ein integrierender Bestandteil von Guben geworden, ihre Beamten, Handwerker und Arbeiter haben schon längst Heimatrechte erworben und sind mit der übrigen Bürgerschaft auf innigst verbunden. Darum soll ihr fünfzigjähriges Bestehen -wenn auch der Ernst der Zeit ein solch frohes Fest, wie es bei dem 25.jährigen Bestehen im Jahre 1897 gefeiert wurde, von selbst verbietet, doch nicht unbeachtet bleiben. Der Eisenbahnhauptwerkstatt, ihren Beamten, Handwerkern und Arbeitern gelten heute unsere besten Wünsche für die Zukunft.