Tango-Abend. Es herrscht noch vielfach die Meinung vor, der „Tango“ sei ein Apachen- oder ein brasilianischer Kaschemmentanz. Daß dem nicht so ist, das bewies der Frankfurter Tanzlehrmeister P. G. Lenz, der am Dienstag im Schützenhaus in Guben einen „Tango-Abend“ veranstaltete, um in aller Oeffentlichkeit die Vorurteile gegen diese neue Tanzform auf angenehmste zu zerstreuen und mancher dürfte dabei von einem Saulus zum Paulus bekehrt worden sein. Wohl entstammen dem Urtango Motive und Figuren, doch muß man sich auch vergegenwärtigen, daß dieser Tanz erst durch europäische Kultur gewandert und veredelt worden ist, bevor er salonfähig wurde. Allerdings müssen die modernen Tänze, mögen sie nun Tango, Double Boston, Twostep, Onestep heißen, von guten Tänzern getanzt werden, denn sie verlangen viel mehr verhaltene Kraft, Geschmeidigkeit, Eleganz, Anmut und Geist wie die älteren Tänze. Mehr noch wie ehedem kommt es jetzt darauf an, von wem und wie sie getanzt werden. Das betonte auch Herr Lenz in seiner Eröffnungsansprache an das am Dienstag abend sehr zahlreich erschienene Publikum. Abwechselnd mit gefälligen Vorträgen des „Salonensembles“ des städtischen Orchesters wurden von zwei Paaren (Herr Lenz und seiner Schwester und noch einem fremden Paare) die verschiedenen Formen des mit Unrecht so verschrieenen Tango und eine Reihe moderner Tänze vorgeführt und niemand wird wohl in Abrede stellen können, daß sie in ihrer Mannigfaltigkeit inbezug auf Bewegungen, Schritte und Figuren etwas ungemein reizvolles und neuartiges boten, ja daß sie künstlerisch mit den Elitetänzen des Rokoko in einer Linie stehen. Den Damen gestehen die modernen Tänze viel mehr Bewegungsfreiheit, Persönlichkeit und Selbstbestimmung zu, wie die Tänze von Großvaters Zeiten her. Der Tango, wie er von Herrn Lenz vorgeführt wurde, darf allerdings dem Tango in „Puppchen“ nicht gleichgestellt werden.. Hier ein eleganter, figurenreicher Salontanz, in „Puppchen“ ein nichts weniger als ästhetisch wirkender Akrobatenhopser. Die Zuschauer kargten dann auch mit ihrem Beifall nicht; auf dringendes Verlangen mußten die verschiedenen Tangos (Salonform und Tango argentino nach Motiven von Leonard), wie auch die allerletzte Novität „Maxixe brésiliene“ und der moderne Figurenwalzer wiederholt werden.