Eisenbahnunglück bei Wellmitz.
Ein schweres Eisenbahnunglück, hervorgerufen durch den Zusammenstoß zweier Güterzüge, ereignete sich in letzter Nacht bei Wellmitz. Die uns hierüber zugegangene amtliche Meldung, die wir heute morgen durch Extrablatt verbreiteten, lautet: Vergangene Nacht 1 Uhr überfuhr in Wellmitz der Eilgüterzug 6055 das Hauptsignal und fuhr auf den Güterzug 7793 auf. Der Hilfsbremser Bresinsky aus Tzschetzschnow ist tot. Lokomotivführer Simon, Heizer Rudolph aus Berlin und Packmeister Kitzler aus Breslau sind schwer verletzt. Die Lokomotive und 12 Wagen sind zertrümmert. Der Betrieb ist auf beiden Gleisen auf 8 Stunden gesperrt. Der Personenverkehr wird durch Umsteigen aufrecht erhalten. Ein Mitarbeiter an unserer Zeitung, der sich heute morgen an die Unfallstelle begab, berichtete folgende Einzelheiten: Gleich nach Bekanntwerden des Unglücks wurden Hilfszüge aus Guben und Frankfurt a.O. mit Mannschaften entsandt. Er erste Hilfszug aus Guben traf gegen 2 Uhr, ein zweiter Hilfszug aus Frankfurt a.O. gegen 2 ½ an der Unfallstelle ein. Mit einem dritten Hilfszug, der nach 2 Uhr aus Guben abgelassen wurde, erschien Herr Sanitätsrat Dr. Funck an der Unfallstelle. Weitere Aerzte waren nach Mitteilungen eines Eisenbahnbeamten in der Nacht nicht aufzutreiben. Inzwischen langte auch die Feuerwehr und mit ihr der Bahnarzt Herr Dr. Rommel aus Neuzelle ein.
Da ein Eingreifen der Feuerwehr nicht erforderlich war, rückte sie wieder ab. Die Unfallstelle liegt direkt an der Volkholzschen Stärkefabrik; sie bietet ein Bild wüster Zerstörung. Nach den Ermittlungen fuhr der Eilgüterzug 6055 auf den rangierenden Güterzug 7739 mit großer Heftigkeit auf und schob vier Güterwagen derart ineinander, daß das Ganze nur noch ein chaotischer Haufen ist. Der Lokomotivführer des Zuges 7739 soll den Zusammenstoß vorausgesehen und mit Volldampf vor dem einfahrenden Eilzug geflüchtet sein. (Der Bericht wird am 16. Oktober 1910 fortgeführt.)