Zirkus Charles gab gestern abend seine Eröffnungsvorstellung vor einem etwa 2500 Köpfe zählenden Publikum. Der Zirkus gehört mit zu den größten Wanderzirkussen, und er verfügt auch über eine Anzahl recht tüchtiger Kräfte. Die ganze Aufmachung im Arrangement der Plätze, Beleuchtung, Bedienung etc. macht einen gediegenen Eindruck, ebenso sind die Kostüme der Künstler geschmackvoll und elegant. An dem eigentlichen zirzensischen Teil haben wir leider die hohe Schule in der Dressur vermisst, auch einige wirklich neue Pferdedressurakte, die in ein so vielseitiges Programm, wie es der gestrige Abend bot, eigentlich hineingehören. Das Rückwärts- und Vorwärtsvoltigieren des Herrn Francois war eine tüchtige Leistung. Miß Ella ist eine Künstlerin von sympathischer Erscheinung, ihr Spiel auf dem galoppierenden Pferde ist verblüffend. Herr Bennoit Ahlers führte vier prächtige Rappen in Freiheit vor, desgleichen ein niedliches Zwergpony und eine Dogge, deren Künste von drolliger Wirkung waren. Ein erstklassiger Saltomortalreiter ist Herr Arsène, dessen Exerzitien spannend sind. Hierauf folgte die Vorführung eines in Freiheit dressierten Zebras. Von außerordentlicher Kühnheit ist der vierfache Jockeyritt der Reiterfamilie Cardinale (1 Dame, 3 Herren), eine Nummer, die aus dem equestrischen Teil des Programms wohl als die glänzendste bezeichnet werden darf. Die Gelehrigkeit des Elefanten bewies „Charly“, der wunderliche Dickhäuter, von Herrn Fernando vorgeführt. Eine Spezialität von reizender Drolerie sind die von Herrn Fernando dressierten Hunde, Affen und Kätzchen, deren Vorführung überall die gleiche Heiterkeit hervorrufen wird. Da die letzten Nummern des recht reichhaltigen Programms die Vorführung der dressierten Raubtiere bringen, wird die ganze Manege mit einem hohen Eisengitter umgeben. Die Künste der Seelöwen machen ihrem Dresseur, Herrn Direktor Charles, alle Ehre. Mit großer Spannung erwartet man das Auftreten der Miß Charles mit ihren 14 Berberlöwen. Die mutige junge Dame hat die Bestien, die vielfach in wüstes Geheul ausbrechen, in voller Gewalt, sie zwingt selbst die widerspenstigsten, ihre Kunststücke auszuüben. Die Schlußnummer ist eine Eisbärengruppe, die sich in allen möglichen Kunststückchen produziert, deren Höhepunkt der Abrutsch von einer steilen Bahn ist. - Allen Nummern wurde tüchtig applaudiert. Die Pausen füllten die unvermeidlichen Clowns aus, deren Witze allerdings auf Originalität keinen Anspruch machen können. Alles in allem kann das Programm als befriedigend bezeichnet und der Besuch empfohlen werden.