22. April 1913

Am gestrigen Baumblütensonntag herrschte eine unbeständige Witterung. Nur kurze Zeit brach die Sonne  durch die grauen Regenwolken hindurch und erwärmte die Erde mit ihren warmen Strahlen. Im übrigen zeigte der Himmel ein unfreundliches Gesicht und öffnete von Zeit zu Zeit seine Schleusen. Der Frost in der Zeit des ersten Blütenansatzes hat den Blüten in ihrer Entwicklung bösen Schaden zugefügt. Von den Aussichtspunkten  sieht man deutlich die charakteristischen Frostmerkmale an den Obstbäumen.  In geschützteren Gegenden jedoch scheinen die kalten Tage weniger Schaden angerichtet zu haben, denn dort sah man gestern die Bäume in ihrem herrlichsten Blütenschmuck prangen. Im allgemeinen dürfte eine einheitliche Blüte, wie wir schon so oft Gelegenheit hatten sie zu bewundern, in diesem Jahre nicht mehr zu erwarten sein. Spillings- und Aprikosenblüten sind teils erfroren, teils bereits abgeblüht, für die Kirsche war wohl gestern der Höhepunkt der Blüteentfaltung erreicht; die Apfelblüte dürfte bei einigermaßen warmen Wetter in dieser Woche zur Geltung kommen. Der Zuzug von Fremden war gestern gering. Die Wirte der Berglokale, die auf zahlreichen Besuch eingerichtet waren, kamen nicht auf ihre Rechnung. Wenn nicht noch in dieser Woche und nächsten Sonntag etwas wettgemacht wird, kann in diesem Jahre von einem Baumblütengeschäft keine Rede sein.