24. Juli 1910

Ein alter märkischer Erntebrauch. In der Erntezeit herrscht in vielen Gegenden der Mark

die Sitte, den „Alten“ zu bringen, sobald das letzte Korn gemäht und gebunden ist. Der

„Alte“, dem vielfach die Gestalt eines Mannes gegeben wird, ist die letzte Getreidegarbe.

Während man sie in einigen Gegenden an der Ecke des Stoppelfeldes stehen läßt,  wird sie

in anderen wieder in festlichem Zuge in das Herrenhaus gebracht und löst gleich dem

Erntekranz die vorjährige Garbe ab. Diese Erntesitte ist aus der heidnischen Vorzeit in

unsere Tag überkommen und bedeutet nichts anderes, als den Göttern, welche die Ernte

wohlgelingen ließen,  ihren Anteil daran zu geben, um sich auch ferner ihres Segens zu

sichern. Mit der märkischen Sitte deckt sich ein in Schlesien bestehender Brauch,

demzufolge der Bauer das letzte, aus neuem Korn gebackene Brot nicht für seinen

Haushalt verwendet sondern einem Armen schenkt. Mit dem Bringen des „Alten“ ist stets

eine ländliche Festlichkeit verbunden.