Gemüsemangel. Der Deutsche Städtetag hat eine Umfrage darüber veranstaltet, in welchen Städten der Obst - und Gemüsemangel besonders stark hervorgetreten ist. Das Ergebnis soll den Reichsbehörden mitgeteilt werden, um dem Antrag auf Verbesserung des Systems der Obst - und Gemüseversorgung als Unterlage zu dienen. Der Gubener Markt wird von den Winzern und Gemüsegärtnern mit Frühobst und Gemüse trotz aller Bitten noch recht spärlich beschickt. Die Schuld an dem Gemüsemangel wurde in der letzten Versammlung des Gartenbauvereins der anhaltenden Trockenheit zugeschoben. Inzwischen hatte der Himmel ein Einsehen und ließ regnen, sogar tüchtig regnen. Seitdem dauert das kühle und regnerische Wetter an. Die ganze Pflanzenwelt hat sich gut erholt; es gibt jetzt reichlich Frühgemüse, namentlich Gurken, Bohnen und Mohrrüben. Aber trotz der fast sündhaft hohen „Höchstpreise“ kommt wenig auf den Markt. Ein bekannter Gemüsegärtner, der auch Stadtverordneter ist, geht zwar mit gutem Beispiel voran und erscheint mit großen Körben Gemüse an jedem Markttage auf dem Markt. Einige wenige Gärtner tuns ihm nach, aber wo bleiben die andern?! Heute z.B. mußten wieder zahlreiche Marktbesucherinnen mit leeren Taschen nach Hause gehen, obwohl sie sich, gehorsam der polizeilichen Weisung folgend, „angestellt“ hatten und geduldig warteten. Bis aber die Reihe an sie kam, war alles ausverkauft. Wo aber bleibt das viele Gemüse, das in Guben selbst und in Gubens allernächster Umgebung erzeugt wird? Im Interesse einer halbwegs genügenden Versorgung unserer bisher so geduldigen Bevölkerung, insbesondere derjenigen, die keine „Schwerarbeiterzulage“ bekommen und dennoch schwer arbeiten müssen, muß gefordert werden, dass unsere Stadtverwaltung nicht nur zu dem bequemen Mittel der fortwährenden Hinaufsetzung der Höchstpreise greift, sondern baldigst anderweitige Maßnahmen in die Wege leitet, die eine bessere Marktzufuhr gewährleisten. [ Bei dieser Gelegenheit sei auch eine Beschwerde erwähnt, die uns heute einige Hausfrauen vorgetragen haben. Nach der neuen Höchstpreisfestsetzung dürfen Möhren und Karotten mit Kraut zum Preise von 35 - 40 Pf das Pfund verkauft werden. Eine Frau kaufte heute 2 Pfund Karotten und stellte beim Nachwiegen fest, daß davon ¾ Pfund für das nasse und daher schwerwiegende Kraut abgegeben. Man stelle sich vor: auf 2 Pfund Gemüse ¾ Pfund Abfall! Das ist denn doch zu arg! Während der Gemüsegärtner und Landmann das Kraut als Futtermittel für die Tiere verwenden kann, wissen die wenigsten Käuferinnen etwas damit anzufangen und werfen es fort, müssen es aber teuer bezahlen. Der Magistrat bezw. die örtliche Preisfestsetzungsstelle sei daher gebeten, den Verkauf der Karotten, solange er nicht wie früher mandelweise, sondern nach Gswicht erfolgt, ohne Kraut vorzuschreiben, wenn ebenso wie den Magistratsherren essen auch andere Leute wohl die Karotten, aber nicht das Kraut davon!