Milde Winter. Der gegenwärtige Winter hat bisher ein so mildes Klima geführt, daß er seinen Namen eigentlich garnicht verdient. Wohl hat er hin und wieder einen kleinen Anlauf genommen, etwas grimmiger aufzutreten. Es ist aber immer nur bei dem Anlauf geblieben, denn sehr bald schlug das Wetter wieder um, und die Quecksilbersäule, die sich nur ganz bescheiden nach unten zurückgezogen hatte, stieg wieder über den Nullpunkt und verharrte dort beständig. Dennoch ist der gegenwärtige Winter in seiner Milde von vielen seiner Vorgänger weit übertroffen worden. Prof. Dr. C.W. Spieker, der Begründer des Frankfurter Patriotischen Wochenblatts (jetzt Oderzeitung) hat aus verschiedenen Werken Notizen über milde Winter in der Mark zusammengetragen und diese in einem Artikel der Nr. 6 des Patriotischen Wochenblatts von 1834 veröffentlicht. Da sein Inhalt mit Rücksicht auf die gegenwärtigen Temperaturverhältnisse recht interessant ist, gibt die Frankfurter Oderztg. ihn wieder:
„1236 lag nur 14 Tage lang ein wenig Schnee, kein Fluß und See war zugefroren. Am 27. Januar war ein Gewitter und die Luft so warm wie im Sommer. Am 1. März donnerte es wieder und schlug in Pritzwalk ein. – 1258 war die Witterung den ganzen Winter über weich und gelinde und alle Pflanzen trieben schon im Februar Blätter. Es folgte darauf ein heißer Sommer, der fast alles versengte. - 1336 regnete es bis in die Mitte des Januar fast ohne Unterbrechung. Die Flüsse stiegen über ihre Ufer und richteten große Verheerungen an. Der Sommer war fast nicht wärmer als der Winter, doch war bei feuchter Witterung ein fruchtbares Jahr. – 1420 war nur im Dezember zwei Wochen Frost, das Weihnachtsfest heiter und milde, die Neujahrsnacht stürmisch. Am 20. März blüheten die Bäume und am 4. April der Weinstock. – 1425 schien sich unmittelbar an den Herbst der Frühling zu legen. Am 6. Dezember blüheten Roggenblumen, manche Gesträucher und Kräuter und Pfersigken. – In den Jahren 1427 und 1428 hat es weder gefroren noch geschneit und die Luft war so warm, daß im Dezember überall Bäume in Blüten standen. Doch folgten auf beide gelinde Winter sehr heiße Sommer. – 1538 war ein so warmer Dezember, daß am Heil. Dreikönigstag (6. Januar) die Mägdlein Kränze von Violen, Kornblumen (?), Stiefmütterlein und dergleichen trugen. – 1567 war der Winter so warm, daß die Bäume im Januar selbst in den Wäldern blühten und der gekrönte Dichter Hasloff ein schönes Gedicht auf diese ungewöhnliche Erscheinung machte. – 1577 haben um Ostern Kirschen, Spillinge (die gemeine gelbe Pflaume), Schleen und Birnen in voller Blüte gestanden. – Die Jahre 1720 und 1723, die sehr gesegnet waren, hatten auch milde Winter, daß der Hederich den ganzen Winter über blühte, um Lichtmesse (2. Februar) die Getreidefelder überall in dichten Büscheln und die Kirschbäume in vollster Blüte standen. Man hatte weder Schnee gesehen, noch Frost empfunden. In dem Winter von 1746 bis 1747 hat es bis zum Neujahrstage fast unausgesetzt geregnet. Im Januar trat starker Frost ein, der aber nur 14 Tage anhielt. Der übrige Teil des Januar und der ganze Februar waren frühlingshaft. Es blühten Aprikosen, Birnen und Kirschen. Mit dem 1. März aber trat ein dreitägiger Frost ein, der viel Schaden getan. Viele Frösche, die schon im Februar aus ihrem Winterschlaf erwacht waren, schwammen tot auf den Gewässern. – 1750 war in den Monaten Januar und Februar in Italien, in Oesterreich, in Böhmen und im südlichen Deutschland eine strenge Kälte, in Schlesien, Sachsen und Brandenburg eine so warme Witterung, dass alle frühblühenden Bäume und Sträucher in voller Blüte standen und Weinstöcke, die im vorhergegangenen Herbste gelegt waren, ihren Frühlingssaft absetzten. Das Wachstum wurde durch keine Nachtfröste gestört und es kam ein überaus gesegnetes Jahr.“ – Hoffen wir, daß das auch diesmal eintrifft.