25. Oktober 1913

Weitere Bestrafungen für unsittliches Tanzen. Den Wackel- und Schiebetänzern und –Tänzerinnen kann wieder ein Urteil des hiesigen Schöffengerichts als Warnung angeführt werden, das in der letzten Sitzung gefällt wurde und mit Befriedigung von allen denen  aufgenommen werden dürfte, die in jenen verdrehten Rumpfbewegungen importierter Modetänze eine widerliche Entartung der Tanzkunst erblicken. Bei den bisherigen Verurteilungen waren schon stets Personen von außerhalb dabei und bei der letzten Verhandlung handelte es sich wieder neben dem Hutarbeiter Kurt Kr. aus Guben um einen Fadenanleger Eduard Steffen aus Forst. Die Anklage war auf Grund des § 183 (Wer durch eine unzüchtige Handlung öffentlich ein Aergernis gibt, wird mit Gefängnis bis zu  zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 500 M bestraft. Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden) erhoben worden und die Verhandlung fand am Mittwoch unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt. Der Amtsanwalt beantragte gegen jeden Angeklagten 50 M Geldstrafe und der Gerichtshof erkannte wie beantragt. Die Strafe wurde deswegen so hoch bemessen, weil trotz des in den Tanzlokalen angeschlagenen Verbots und der bisherigen Strafe von 30 M immer wieder Tänzer und Tänzerinnen in die geschmackloseste aller Tanzarten verfallen. Leider hat ein Zeuge in dieser Verhandlung noch den Mut gefunden, diese Sorte von Großstadttänzen zu verteidigen und in ihnen einen modernen Zug der Zeit in der Tanzkunst zu erblicken. – O sancta simplicitas! [O heilige Einfalt].