Eine empfindliche Strafe für Wackel- und Schiebetänzer Von allen Unsitten der Großstadt, die sich nach der Provinz verpflanzen, sind die in letzter Zeit viel genannten Wackel- und Schiebetänze das häßlichste, was je seinen Ausgang aus der Großstadt nahm. Ursprünglich glaubte man es mit einer vorübergehenden Erscheinung zu tun zu haben, nachgerade ist dieses Treiben aber zu einem allgemeinen Aergernis ausgewachsen, das zu beseitigen nicht nur die Polizei unternommen hat, sondern auch die Saalbesitzer als ihre Aufgabe betrachten. Da die genannten Tänze ausarteten, ließ die Polizei in allen Lokalen Plakate anbringen, laut denen die geschmacklose Tanzweise verboten und jede Uebertretung mit Strafe bedroht wurde. Es gab aber noch immer Tänzer und Tänzerinnen, welche an diesem Auswuchs der Tanzsitte Gefallen fanden, und so sah sich die Polizei genötigt, dem Uebel einmal energisch zu Leibe zu gehen, in den Sälen Razzia zu halten und die Uebertreter des Verbots wegen Erregung öffentlichen Aergernisses zur Anzeige zu bringen. Gestern hatten sich nun unter der Anklage, ein öffentliches Aergernis erregt und groben Unfug verübt zu haben, vor dem hiesigen Schöpffengericht der 21jährige, noch unbestrafte Dentist Wilhelm Sch. Aus Crossen a.O. und die 19jährige Weberin Margarete G. aus Guben zu verantworten, da sie in einem hiesigen Lokal den Wackel- und Schiebetanz tanzten. Die Oeffentlichkeit war während der Verhandlung ausgeschlossen. Sch. hat, wie er angab, den Tanz wiederholt getanzt, ohne daß jemand Anstand daran genommen hätte; er gab aber zu, daß der Tanz gegen die gute Sitte verstoße. Die G. wollte nichts Unpassendes dabei gefunden haben; die jungen Mädchen, die ihn nicht mittanzten, blieben als „Mauerblümchen“ sitzen. Durch die Zeugen wurde bekundet, daß gerade dieses Paar es besonders schlimm trieb. Der Amtsanwalt beantragte gegen Sch. zwei Wochen Gefängnis und gegen die G. 25 M. Geldstrafe. Der Gerichtshof erkannte jedoch wegen Erregung öffentlichen Aergernisses bezw. wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gegen Sch. nur auf 80 M, gegen die G. auf 15 M Geldstrafe oder für je 5 M einen Tag Gefängnis. – Es stehen noch weitere Fälle zur Aburteilung. Hoffentlich lassen sich alle Tänzer und Tänzerinnen das Urteil zur Warnung dienen und unterlassen diese unanständige Tanzweise. Die Kontrolle wird nach wie vor streng geübt.