3. Oktober 1913

Wackel- und Schiebetänze. Wie wir vor kurzem mitteilten, hat das hiesige Amtsgericht einem Paar, das die unanständigen Wackel- und Schiebetänze tanzte, eine empfindliche Strafe auferlegt. In der gestrigen Sitzung des Schöffengerichts ist nun eine weitere Bestrafung erfolgt. Es hatten sich der 18jährige Klempnergeselle Fritz W. und die 20jährige Arbeiterin Hedwig B., beide aus Guben, zu verantworten, am 12. Mai in einem hiesigen Berglokale gemeinschaftlich durch unsittliche Handlungen Aergernis erregt zu haben. W. hatte sich auch noch einen falschen Namen beigelegt. Die Oeffentlichkeit war während der Verhandlung ausgeschlossen. Zwei Polizeisergeanten waren an dem genannten Tage mit der Kontrolle der Lokale beauftragt worden. Die Beamten sahen, wie die Angeklagten in auffallend unpassender Weise auftraten, worüber einige anwesende Gäste in unverblümter Weise ihr Mißfallen aussprachen. Die Beamten schritten sogleich ein und als ein Polizeisergeant nach seinem Namen frug, nannte er sich Tischlergeselle Fritz Thiele. W. entschuldigt sich nun mit Trunkenheit. Die B. will den Tanz noch nie getanzt haben. Als sie gewahr wurde, was ihr Tänzer beabsichtigte, wollte sie aufhören. Nach der Beweisaufnahme hielt der Amtsanwalt beide für schuldig, durch unzüchtige Handlungen ein öffentliches Aergernis erregt zu haben. W. sei nicht betrunken gewesen und sein Verhalten war besonders unschicklich. Er beantragte gegen W. 2 Wochen Gefängnis und wegen Beilegung eines falschen Namens 5 M Geldstrafe, gegen die B. eine Geldstrafe von 20 M. Der Gerichtshof verurteilte W. wegen eines Sittlichkeitsvergehens zu 30 M, wegen Beilegung eines falschen Namens zu 5 M Geldstrafe; die B. wurde nach dem Antrage ihres Verteidigers freigesprochen.  – Werden nun die Wackel- und Schiebetänze aus den hiesigen Tanzlokalen verschwinden?