6. Juli 1918

Ueber das sinnlose Spazierenfahren von Lebensmitteln ist schon wiederholt in der Presse und im Parlament hingewiesen worden. In manchen Dingen ist es seitdem besser geworden, doch bestehen in manchen Kreisen solche bürokratische Schwerfälligkeiten noch weiter. Heute sei einmal ein Beispiel aus unserer nächsten Nähe hierfür erbracht. Die Verwaltung des Landkreises Guben hat zwei zentrale Eier- Sammelstellen eingerichtet, die eine in Guben selbst, die andere in Fürstenberg (Oder). Nun hält man es gemeinhin für selbstverständlich, daß die Stadt Guben die ihr aus den Ueberschüssen des Landkreises zugewiesenen Eier durch die inmitten ihrer Mauern errichtete Eier- Sammelstelle erhält. Das ist aber ein großer Irrtum, der dem normalen Menschen unterläuft. Die Verwaltung will es im Zeitalter unserer erschwerten Verkehrsverhältnisse ganz anders! Die Stadt Guben muß  ihre Eier bei der Sammelstelle  in Fürstenberg a. Oder entnehmen, sie dort verpacken, dann entweder mit der Eisenbahn oder durch Wagen nach Guben befördern lassen, wobei manches Ei zerbricht oder sonstwie abhanden kommt, während die aus dem Landkreise bei der Gubener Sammelstelle eingelieferten Eier behutsam in Kisten verpackt und, wie gestern, an den Augen der staunenden Bürgerschaft vorbei, mitten durch die Stadt nach dem Bahnhof gefahren und von dort mit der Eisenbahn über Fürstenberg a.O. nach dem Westen Deutschlands gefahren werden. Das nennt man Organisation!