8. Juli 1922

Das Lehrerseminar in Neuzelle.

Mit dem nördlichen Teile des Königreiches Sachsen kam durch den Frieden nach den Freiheitskriegen auch das Zisterzienserkloster Neuzelle unter die Herrschaft der Krone Preußens. Durch Verfügung vom 8. Febr. 1817 ordnete Friedrich Wilhelm III. die Aufhebung des Klosters an, das etwa 51/2 Jahrhunderte hier bestanden und großen Segen wirtschaftlicher Art über unsere Heimat gebracht hatte. Ein Teil der hiesigen Klostergebäude wurde, wie die „Fr. Od.Ztg.“schreibt, zur Aufnahme der beiden Lehrerseminare bestimmt, die von Züllichau und Luckau nach hier verlegt und vereinigt wurden. Gleichzeitig kam das hier mit dem Lehrerseminar Luckau verbundene Waisenhaus nach hier. Der Leiter des bisherigen Luckauer Seminars wurde der erste Direktor des Lehrerseminars Neuzelle. Der kirchlichen Tendenz der damaligen Lehrerbildung entsprach es durchaus, daß der Leiter des Seminars - ein Theologe - gleichzeitig Pfarrer der Gemeinde Neuzelle war. Später wurde ein besonderer Ortspfarrer angestellt und der jedesmalige Seminardirektor war Oberpfarrer. Der Ortsgeistliche erteilte einige Stunden Unterricht in der mit dem Seminar verbundenen Präparandenanstalt. Am 1. April 1913 wurde diese Art der Verbindung von Lehrerbildungsanstalt und Kirche gelöst; der letzte Leiter des Seminars war der erste, der nicht Theologe war. Nachdem am Gedenktage 1892 ein Schadensfeuer den größten Teil der Seminargebäude zerstört hatte, wurden sie in den Jahren 1894 bis 1898 moderner und zweckmäßiger errichtet. Das Lehrerseminar hat als solches seine Pforten geschlossen. In den Herzen der meisten Bewohner unseres Ortes macht sich ein Gefühl der Wehmut bemerkbar, dass nun alle Bande gerissen sind, die länger als ein Jahrhundert zwischen Gemeinde und Seminar bestanden haben. – Nicht vergessen sei an dieser Stelle der Hinweis auf den großen Segen, den das Seminar in erzieherischer Bedeutung für die Schulen und damit für die Bevölkerung unserer Heimatprovinz und weit darüber hinaus gebracht hat.